Alkoholisiert gefahren, Unfall verursacht und geflüchtet…
… jetzt droht der „13-Fach Hammer“!
Um die weitreichenden Folgen einer nach einer Trunkenheitsfahrt begangenen Unfallflucht anschaulich aufzuzeigen, habe ich das folgende Beispiel gewählt:
Der Täter ist Angestellter im Außendienst eines Pharmaunternehmens und besitzt einen Jagdschein. Am Tattag fährt er stark alkoholisiert (1,7 Promille) durch die Innenstadt. Neben ihm sitzt seine Ehefrau als Beifahrerin, die Eigentümerin und Halterin des Pkws ist. Die Kfz-Haftpflichtversicherung der Ehefrau umfasst auch den Täter. Bei der Fahrt kommt es zu einer Kollision mit einem parkenden Pkw. Der Täter hält an, steigt aus und schaut sich den entstandenen Schaden an. Aufgrund des schweren Aufpralls ist an beiden Pkws ein Sachschaden von jeweils über 10.000,00 € entstanden. Der Täter bespricht sich mit seiner Ehefrau und die beiden kommen zu dem Entschluss, dass eine Flucht ihre beste Option sei. Daher flüchtet der Täter mit seinem Pkw vom Unfallort.
Der Täter hat sich dadurch gleich wegen mehrerer Vergehen strafbar gemacht.
Zunächst hat er sich durch die in einem Unfall endende Trunkenheitsfahrt, wegen einer Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Ziff. 1 lit. a) StGB strafbar gemacht. Durch das Flüchten nach dem Unfall, hat er sich wegen einer Unfallflucht gemäß § 142 StGB strafbar gemacht.
Zudem hat er sich wegen der anschließenden Flucht wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt gemäß § 316 StGB strafbar gemacht.
Daraus ergeben sich (ggf.) 13 Rechtsfolgen:
1.) Der Täter wird wegen Gefährdung des Straßenverkehrs, unerlaubten Entfernen vom Unfallort und Trunkenheit im Verkehr zu einer Geld- oder sogar einer Haftstrafe verurteilt. Die Trunkenheit im Verkehr steht in Tateinheit mit dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort. Diese wiederum stehen in Tatmehrheit zu der Gefährdung des Straßenverkehrs.
2.) Gemäß der §§ 69, 69a StGB wird dem Täter darüber hinaus durch das Amtsgericht die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist festgelegt, vor deren Ablauf der Täter seine Fahrerlaubnis nicht neu beantragen darf.
Beachten Sie hier, dass es sich nicht nur um ein Fahrverbot nach § 44 StGB handelt, wonach der Führerschein für eine begrenzte Zeit eingezogen wird. Der Täter muss seine Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist gänzlich neu beantragen.
3.) Um seine Fahrerlaubnis neu beantragen zu können, muss er sich zwingend gemäß § 13 FeV einer Medizinisch-Psychologischen-Untersuchung (MPU) unterziehen.
4.) Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Täters wird in der Regel gegenüber diesem einen Regressanspruch in Höhe von bis zu 5000,00 € geltend machen gemäß § 6 KfzPflVV.
Durch die Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB hat der Täter gegen den Haftpflichtversicherungsvertrag verstoßen. Dies berechtigt die Versicherung den Täter in Regress zu nehmen.
5.) Zudem kann die Haftpflichtversicherung des Täters diesen in Höhe von bis zu weiteren 5.000,00 € in Regress nehmen (vgl. OLG Frankfurt a. M., BeckRs 2017, 141338).
Denn durch die anschließende Unfallflucht in Tateinheit mit der Trunkenheitsfahrt hat der Täter ebenfalls gegen seinen Haftpflichtversicherungsvertrag verstoßen. Dies stellt zudem auch einen eigenen Verstoß dar, da der Unfall zu einer Zäsur des Geschehens führt. Das heißt, dass die Taten unabhängig voneinander zu beurteilen sind.
6.) Die Vollkaskoversicherung der Ehefrau kann zudem bzgl. des Schadens an ihrem Pkw ggf. die Leistung kürzen bzw. die Regulierung vollumfänglich verweigern. Bei einer grob fahrlässigen Verletzung einer Obliegenheit aus dem Versicherungsvertrag – hier die Trunkenheitsfahrt und die im Anschluss begangene Unfallflucht – ist der Versicherer grundsätzlich berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Auch hier werden sowohl die Trunkenheitsfahrt als auch die Fahrerflucht zur Kürzung herangezogen.
In Ausnahmefällen kann die Leistung bis „auf Null“ gekürzt werden. Ein Indiz für einen solchen Ausnahmefall ist gegeben, wenn ein Fall der absoluten Fahruntüchtigkeit vorliegt (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 13.11.2017 – 4 U 1121/17 – juris). Absolute Fahruntüchtigkeit liegt ab einem Wert von 1,1 Promille vor.
7.) Beim Täter handelt es sich um einen Angestellten im Außendienst, der auf seine Fahrerlaubnis angewiesen ist. Der Verlust dieser kann demnach zu einem Arbeitsplatzverlust führen.
8.) Die eigene Rechtsschutzversicherung des Täters wird bei einer Verurteilung zu einer Vorsatztat die erstatteten Kosten vom Täter zurückverlangen. Dies sind in der Regel Kosten von weiteren 1.000,00 €.
9.) Es besteht zudem die Gefahr, dass die Ehegattin gemäß §§ 26 oder 27 StGB wegen psychischer Beihilfe oder Anstiftung zur Unfallflucht belangt wird.
10.) Der Täter ist zudem Inhaber eines Jagdscheins. Die Verurteilung des Täters kann zudem dazu führen, dass diesem sein Jagdschein entzogen wird, § 18 BJagdG i. V. m. § 5 WaffG. Begründet wird dies damit, dass der Täter sich für die Zukunft nicht mehr als zuverlässig zum Führen einer Waffe erweist.
11.) Die Verurteilung kann zudem auch Auswirkung auf andere Berufs- und Personengruppen, wie z.B. Beamte, Ausländer etc. haben. Laut der Anordnung über die Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) sind Gerichte und Staatsanwaltschaften unter Umständen zur Mitteilung personenbezogener Daten von Amts wegen an öffentliche Stellen für andere Zwecke als die des Strafverfahrens befugt oder sogar verpflichtet.
12.) Des Weiteren werden für den Täter aufgrund der Unfallflucht 3 Punkte ins Fahreignungsregister (FAER) eingetragen und – da Tatmehrheit vorliegt – nochmals 3 Punkte für die Trunkenheitsfahrt (vgl. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 19.02.2014 – 7 K 2154/13 – juris). Insgesamt können also bis zu 6 Punkte in das FAER eingetragen werden. Zudem gilt es zu beachten, dass diese Punkte er nach 10 Jahren aus dem Register getilgt werden, § 29 Abs. 1, S. 2 Nr. 3 lit. a) StVG.
13.) Schließlich erfolgt eine Eintragung der Geld- oder Haftstrafe ins Bundeszentralregister (BZR). Dies hat unteranderem zur Folge, dass man als vorbestraft gilt, wenn entweder eine Strafe von über 90 Tagessätzen eingetragen wird, oder (unabhängig von den Tagessätzen) bereits eine weitere Eintragung vorliegt, § 32 Abs. 2 Nr. 5 BZRG.
Fazit: Aufgrund der dargelegten weitreichenden Folgen eines solchen Handeln empfehle ich dringend unverzüglich einen Rechtsanwalt zu kontaktieren. Zudem sollte der Beschuldigte zunächst von seinem Schweigerecht Gebrauch machen.
Quelle:
- OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 17.11.2017 – 10 U 218/16 -, BeckRs 2017, 141338
- VG Gelsenkirchen, Urt. v. 19.02.2014 – 7 K 2154/ 13 – juris
- OLG Dresden, Beschl. v. 13.11.2017 – 4 U 1121/17 – juris