Vorbestrafter

Corona + Judenstern = Volksverhetzung?

Allgemein ist bekannt, dass die Verwendung von nationalsozialistischen Symbolen gesellschaftlich verfehlt und in bestimmten Konstellationen auch strafbar ist. Wie beispielsweise die Verwendung von verfassungswidrigen Kennzeichen als auch die Verharmlosung von NS-Verbrechen.

Allerdings ist nicht jede unangebrachte und moralisch verwerfliche Äußerung ein strafbares Verhalten. Das OLG Braunschweig hatte sich in Bezug darauf mit den Grenzen des § 130 StGB auseinander setzen müssen.

Der Angeklagte veröffentlichte im Jahr 2020 auf seinem Facebook Profil einen gelben sechseckigen Stern mit der Aufschrift „Nicht Geimpft“ auf hellblauem rechteckigen Hintergrund. Er wollte damit auf seine eingeschränkte Lebenssituation infolge der Regelungen in der Corona Pandemie aufmerksam machen.

Das AG Clausthal-Zellerfeld hat den Angeklagten in dem darauf eingeleiteten Strafverfahren von dem Vorwurf der Volksverhetzung nach §130 Abs. 3 StGB freigesprochen. Das Verhalten des Angeklagten sei zwar unangebracht und geschmacklos, es erfülle aber nicht die gesetzlichen Voraussetzungen des Straftatbestandes. Mit der Veröffentlichung des Bildes habe der Angeklagte zwar die im NS-Regime bezweckte Ausgrenzung mithilfe des „Judenstern“ verharmlost, jedoch erfasse der Straftatbestand ausdrücklich nur Völkermordhandlungen i. S. d. §6 Abs. 1 VStGB.

Die Staatsanwaltschaft Göttingen legte gegen diese Entscheidung Revision ein. Der Argumentation der StA, in der heutigen Kultur die Stigmatisierung der jüdischen Bevölkerung von ihrer Entrechtung und Verfolgung mit dem Ziel der Vernichtung nicht voneinander trennen zu dürfen, das Tragen des „Judenstern“ als Pflicht zu betrachten und dies somit als Teil des Völkermords ansehen zu müssen, ist der 1. Strafsenat nicht gefolgt. Der Senat hat dem AG moralisch zwar zugestimmt, jedoch sei die Frage nach der Strafbarkeit zu trennen.

Der Senat führt aus, dass nach dem genauen Wortlaut des §130 Abs. 3 StGB nicht jede Verharmlosung des NS-Unrechts unter Strafe gestellt ist. So verlange das Gesetzt, dass sich die Verharmlosung auf eine konkrete Völkermordhandlung beziehe. Das AG habe somit zutreffend entschieden. Hinzukommend sei das veröffentlichte Bild nicht dazu geeignet, den öffentlichen Frieden i. S. d. §130 Abs. 3 StGB zu stören oder Dritte zu etwaigen Gewalttaten oder Rechtsbrüchen anzustacheln.

Quelle:

  • OLG Braunschweig, Beschl. v. 07.09.2023, Az.: 1 ORs 10/23

Hinweis: Der Artikel stammt vom 04.10.2023. Durch Zeitablauf kann sich die Rechtslage geändert haben. Aufgrund der verkürzten Darstellung ist eine umfassende Erörterung der jeweiligen Sach- und Rechtslage hier nicht möglich. Der Text kann eine professionelle Beratung durch einen Fachanwalt für Verkehrs- und Strafrecht nicht ersetzen.

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