Dashcam im Auto rechtens?

Dashcam – Problemfall oder Beweismittel?

Ist die bloße Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens mit einer im Frontbereich installierten Videokamera rechtens oder ist sie mit den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) nicht vereinbar?

Folgender Unfallhaftpflichtprozess gab Anlass zur Frage der Verwertbarkeit von sog. „Dashcam- Aufnahmen“.
Während eines Abbiegevorgangs auf zwei nebeneinander verlaufenden Fahrspuren sind die Fahrzeuge des Klägers und des Beklagten miteinander kollidiert.
Beide Parteien stritten darüber, wer von ihnen seine Spur verlassen hatte und somit die Kollision herbeiführte.
Vor dem Amtsgericht bot der Kläger an, die von ihm – mithilfe einer Dashcam – gefertigten permanenten und anlasslosen Videoaufnahme zwecks Beweisführung zu verwerten. Da die Aufzeichnung gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen Verstöße und dem Beweisverwertungsgesetz unterliege, ist das Gericht dem Vorschlag nicht nachgekommen. Auch die Berufung des Klägers wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Sein Klagebegehren (mit der vom Landgericht zugelassenen Revision) verfolgte der Kläger vor dem Bundesgerichtshof (BGH) weiter.

Die Videoaufzeichnung ist zunächst nach geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen unzulässig. Da sie ohne Einwilligung der Betroffen erfolgt, verstößt sie gegen §4 BDSG und kann nicht auf §6b Abs. 1 oder §28 Abs. 1 BDSG gestützt werden.
Zur Wahrnehmung der Beweissicherungsinteressen des Klägers ist eine permanente anlasslose Aufzeichnung der gesamten Fahrstrecke nicht erforderlich. Jedoch besteht technisch die Möglichkeit, eine kurze anlassbezogene Aufzeichnung des Unfallgeschehens mithilfe einer sog. „Crash-cam“ zu konstruieren. Aufgrund eines Bewegungssensors, der nur bei einer Kollision oder bei starker Verzögerung des Fahrzeugs auslöst, wird auch nur diese Zeitspanne automatisch gespeichert.
Sofern es nicht zu einem Unfall kommt, werden die übrigen Aufzeichnungen in kurzen Abständen dauerhaft überschrieben bzw. automatisch gelöscht.
Eine „Crash-cam“ sollte somit nach Meinung des BGHs immer zulässig sein.

Im Unfallhaftpflichtprozess ist die vorgelegte Videoaufzeichnung dennoch als Beweismittel verwertbar, da in einem Zivilprozess die Unzulässigkeit oder die Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung nicht direkt zu einem Beweisverwertungsverbot führt.
Die Frage der Verwertbarkeit ist nach einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden.
Da das Geschehen sich außerdem im öffentlichen Straßenraum ereignete, hat sich der Beklagte aufgrund seiner Teilnahme am Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung anderer Verkehrsteilnehmer ausgesetzt.
Des Weiteren wurden nur Vorgänge auf öffentlichen Straßen aufgezeichnet, die grundsätzlich für jeden zugänglich sind.
Hinzukommt die häufig besondere Beweisnot, die aufgrund des schnellen Verkehrsgeschehens entsteht. Darüber hinaus führt der mögliche Eingriff in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte der anderen Verkehrsteilnehmer nicht zu einer anderen Gewichtung, da ihrem Schutz durch die Regelung des Datenschutzrechts Rechnung zu tragen ist, die eben nicht auf ein Beweisverwertungsverbot abzielt.

Quelle:
BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 – VI ZR 233/17
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes Nr. 88/18 vom 15.05.2018

Hinweis: Der Artikel stammt vom 22.10.2020. Durch Zeitablauf kann sich die Rechtslage geändert haben.

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