Darf man nach Konsum von harten oder weichen Drogen Autofahren?

Vorsicht: Einmal harte Drogen genommen, nicht gefahren und trotzdem ist der „Lappen“ weg!

Der einmalige Konsum von Betäubungsmitteln, speziell von sog. „harten Drogen“, (z.B. Kokain) reicht schon aus, um die Fahrerlaubnis entzogen zu bekommen.
Dabei spielt es keine Rolle ob es ein gelegentlicher, regelmäßiger oder sogar nur ein einmaliger Konsum war.
Weder der missbräuchliche Gebrauch, noch die Abhängigkeit, noch eine gelegentliche oder häufige Einnahme ist Voraussetzung, sondern lediglich schon „die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetztes (ausgenommen Cannabis)“, so Nr. 9.1 Anlage 4 FeV, reicht aus.
Im Regelfall gilt: wer einmalig harte Drogen konsumiert, ist ungeeignet zum Fahren von Kraftfahrzeugen, auch unabhängig davon, ob unter dessen Einfluss überhaupt ein Kraftfahrzeug geführt wurde.

Anders ist die Rechtslage bei sog. „weichen Drogen“ wie z.B. Cannabis.
Während einer Verkehrskontrolle gab der Fahrer und späterer Kläger an, zwei Tage zuvor, aufgrund von Schlafstörungen einen Joint geraucht zu haben. Daraufhin wurde ihm eine Blutprobe entnommen welche 1,1ng/ml Blutserum ergab.
Die überwiegende Rechtsprechung geht von einem Grenzwert für THC- Konzentration von 1,0 ng/ml Blutserum aus.
Die Fahrerlaubnisbehörde entzog sofort die Fahrerlaubnis des Klägers. Unter Androhung eines Zwangsgelds forderte sie außerdem die sofortige Abgabe des Führerscheins.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat dazu in einer neueren Entscheidung vom 04.11.2019 folgende Ausführung gemacht:

Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals gegen das sog. „Trennungsverbot“ verstößt, darf die Fahrerlaubnisbehörde i.d.R. nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen. Somit darf die Fahrerlaubnis vorerst nicht entzogen werden.
Voraussetzung für den gelegentlichen Konsum liegt vor, wenn der Betroffene (in zumindest) zwei selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Vorgänge einen zeitlichen Zusammenhang aufweisen.
Werden jedoch Tatsachen bekannt, dass der Betroffene ungeeignet oder nur bedingt geeignet ist oder erhebliche Zweifel aufkommen, dass er auch in Zukunft zwischen Konsum und Fahren nicht trennen wird (Trennungsverbot), kann ein medizinisch- psychologisches Gutachten angefordert werden um somit die Fahreignung zu überprüfen.

Nach 9.2.2 der Anlage 4 FeV kann die Fahreignung bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis bejaht werden, solange Konsum und Fahren getrennt werden sowie der zusätzliche Gebrauch von Alkohol und anderer psychoaktiv wirkenden Stoffe ausgeschlossen werden kann. Ebenfalls darf keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen.

Die Einholung der MPU wurde in diesem Fall von der Beklagten (Fahrerlaubnisbehörde) nicht gefordert. Somit erweist sich die sofortige Fahrerlaubnisentziehung als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Anmerkung:
Die Vorschriften des Straßenverkehrsgesetztes und der Fahrerlaubnis- Verordnung über die Fahrerlaubnisentziehung haben keinen strafrechtlichen bzw. strafprozessualen Charakter. Sie dienen im Unterschied zum Strafprozess dazu, Gefahren abzuwehren, die für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer entstehen, wenn ungeeignete Kraftfahrer weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen, sodass es auf Fragen der strafprozessualen Fahrerlaubniswiedererlangung nicht ankommen kann.
Es versteht sich fast von selbst, dass die verwaltungsrechtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Drogenkonsums fast immer parallel mit einem straf- oder bußgeldrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verbunden ist.

Bei drohendem Führerscheinentzug sollte immer der Rat eines Fachanwalts für Verkehrs-, und Strafrecht eingeholt werden, da es sich um eine komplizierte Rechtsmaterie handelt und es eine große Anzahl von Rechtsprechung gibt.
Darüber hinaus sollte sich ein Betroffener – sei es im Bußgeld-, Straf-, oder Verwaltungsrechtverfahren – niemals ohne rechtliche Beratung zur Sache einlassen. Schon jede unbedarfte Äußerung gegenüber den Polizeibeamten vor Ort kann im Straf- und späterem Verwaltungsrechtsverfahren höchst unangenehme Folgen haben.

Zur Verdeutlichung und zur ersten groben Übersicht der Problematik ist nachfolgend eine Grafik angefertigt:

 

Harte DrogenWeiche Drogen
Kokain

Heroin

Opioide (z.B. Oxycodon)

Amphetamine (Speed/ Pep)

MDMA (Ectasy/ XTC)

Cannabis

Marihuana

Haschisch

Quelle:

VG Gelsenkirchen, 26.08.2020, 9 L 1087/20 [Kokain]

VG Aachen, 19.05.2020, 3 L 309/20 [Kokain]

BVerwG, 11.04.2019, 3 C 14/17 [Cannabis]

VG Gelsenkirchen, 16.04.2020, 9 L 54/20 [Cannabis]

VG Gelsenkirchen, 25.08.2020, 9 L 1013/20

OVG Sachsen- Anhalt, 14.08.2020, 3 L 121/ 20

 

Hinweis: Der Artikel stammt vom 21.09.2020. Durch Zeitablauf kann sich die Rechtslage geändert haben.

 

 

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