Vorfahrtsregeln auf öffentlichen Parkplätzen

Wie ist das mit dem „rechts vor links“ auf öffentlichem Parkraum?

-die verwirrende Frage bei Supermarktplätzen oder Parkhäusern

Erfahrungsgemäß wird auf öffentlichen Parkplätzen davon ausgegangen, dass dort die Straßenverkehrsordnung gilt. Auf Parkplätzen wie z.B. von Supermärkten findet man zusätzlich das Hinweisschild mit der Aufschrift „hier gilt die StVO“. Dies führt häufig zu der Annahme dort gelte, wie im öffentlichen Verkehrsraum, die Regel „rechts vor links“. Dieses Schild hat aber eher einen deklaratorischen Charakter und deutet nur auf die ohnehin geltende Regel.

Die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ setzt eine „Kreuzung“ oder „Einmündung“ voraus. Das heißt sich zwei kreuzende und aufeinander zulaufende Straßen, ausgelegt auf einen möglichst fließenden und ungehindert vorwärtskommenden Verkehr. Der Parkplatz dient hingegen vorrangig dem ruhenden Verkehr. Er weist dementsprechend keinen ungehindert und schnell fließenden Verkehrscharakter auf.

Es gibt einige Merkmale anhand denen die Vorfahrtsregel auf öffentlichen Plätzen angewendet wird. Aber auch nur dann, wenn der Kreuzungsbereich einen eindeutigen Straßencharakter aufweist. Sog. ‚typische Straßenmerkmale‘ sind:

  • Markierungen auf der Fahrbahn sowie eine ausreichende Breite (Mittel- und Seitenstreifen, Richtungspfeile, Fußgängerüberwege etc.)
  • Bordsteine, Straßenlaternen, Gräben
  • verkehrsleitende Hinweise
  • Asphaltierung
  • Fehlen von Parkboxen entlang der Fahrbahn

 

Die Ansichten über die Merkmale sind von vielen Gerichten bereits kontrovers diskutiert worden. Einige lehnten die ‚typischen Straßenmerkmale‘ der Parkfläche entscheidend ab. Entweder fehlte es an allen Kriterien oder die vorhandenen überzeugten die Gerichte nicht. Andere Instanzen waren deutlich großzügiger und wiesen lediglich 1-2 Merkmalen die ausreichend maßgebliche Bedeutung zu.

Das Anwenden der Vorfahrt „rechts vor links“ kann zwar der Leichtigkeit des Verkehrs auf Parkplätzen durchaus dienlich sein. Da die Regel stark im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer verankert ist und sie der allgemeinen Verkehrserfahrung entspricht, hält sich die Mehrheit, ob zu Recht oder zu Unrecht, an die Vorschrift. Trotzdem gilt, wenn die Vorfahrtsregel aufgrund des fehlenden Straßencharakters nicht anwendbar ist, müssen sich die Verkehrsteilnehmer über ihren Vorrang verständigen.

Im Falle eines Unfalls, bei dem die Vorfahrtsregel (im konkreten Fall) missachtet wurde, führt die Verletzung in der Regel allerdings nicht zu einer Alleinhaftung!

 

Quelle:
LG Detmold, NVZ 2012, 592
LG Bochum, SP 2003, 124
OLG Frankfurt a.M., ZfS 2010, 19
LG Frankfurt/Oder, DAR 2014, 390
KG, 09.07.2018, 25 U 159/17
OLG Düsseldorf, NJOZ 2017, 1041

Hinweis: Der Artikel stammt vom 26.05.21. Durch Zeitablauf kann sich die Rechtslage geändert haben.

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