Stellt der „Austausch von Begrüßungen“ oder die „zufällige gleiche Anwesenheit“ eine Ansammlung im Sinne der Infektionsschutzverordnung dar?
Der Betroffene war – im konkreten Fall – mit einem Freund auf dem Weg zu einem Geldautomaten. Währenddessen trafen die beiden auf einen Bekannten, der seinerseits auch in Begleitung eines Freundes war. Die vier standen dann ein bis zwei Minuten vor der Bankfiliale und unterhielten sich. Hierbei wurde der Abstand von 1,5 bis 2 Metern jedoch eingehalten. Polizeibeamte beobachteten die Gruppe und unterzogen diese anschließend einer Personenkontrolle. Alle vier Personen gehörten unterschiedlichen Haushalten an.
Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen aufgrund einer verbotenen Ansammlung [§4 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 der 4. CoBeVO (Rheinland-Pfalz)] zu einem Bußgeld von 100€.
Der zuständige OLG-Senat in Koblenz hingegen teilte diese rechtliche Einschätzung nicht. Der in der Corona-Bekämpfungs-Verordnung verwendete Begriff der „Ansammlung“ bedürfe einer einschränkenden verfassungskonformen Auslegung, die das öffentliche Interesse in einem angemessenen und vernünftigen Bezug zu den Bedürfnissen und unantastbaren Rechten der Bürger setze. Hiervon ausgehend sei bei der Beurteilung, ob eine Ansammlung vorliege zu beachten, ob die Absicht sich für einen längeren Zeitraum an einem bestimmten Ort aufzuhalten gegeben ist. Durch dieses Kriterium soll die rein zufällige gleichzeitige Anwesenheit mehrerer Personen beispielsweise beim Einkaufen oder beim Spazieren gehen und die damit verbundene Ordnungswidrigkeit vermieden werden.
In diesem Fall ist die Anwesenheit mehrerer Personen, u.a. auch wegen des eingehaltenen Mindestabstandes keine „Ansammlung“ im Sinne der Corona-Bekämpfungs-Verordnung.
Das OLG Karlsruhe (Baden-Württemberg) entschied am 30.03.21, dass das Verbot des gemeinsamen Aufenthalts mit mehr als einer nicht dem eigenen Haushalt zugehörigen Person im öffentlichen Raum im Hinblick auf den gesetzlich gezogenen Rahmen dahin auszulegen ist, dass es nur Zusammenkünfte erfasst, bei denen der Mindestabstand von 1,5 Metern unterschritten wird.
Quelle:
OLG Koblenz, 08.03.21, 3 OWi 6 SsRs 395/20
OLG Karlsruhe, 30.03.21, 2 RB 34 Ss 1/21