Fahrlässige Körperverletzung durch operierenden Augenarzt mit motorischen Einschränkungen
In den Jahren 2011 bis 2015 betrieb der Angeklagte Augenarzt eine Augenarztpraxis. Dort führte er u.a. Kataraktoperationen (Behandlung des Grauen Stars) aus. Ordnungsgemäß ließ der Angeklagte seine Patienten im Vorfeld über sämtliche (behandlungsbedingte, medizinische) Risiken aufklären. Allerdings erlitten 9 Patienten nach der OP Folgeschäden an ihren Augen, wobei zwei von ihnen jeweils auf einem Auge erblindeten.
Das LG Kempten stellte fest, dass der Angeklagte im Jahr 2009 einen Schlaganfall erlitten hatte und dieser zu motorischen Einschränkungen in der rechten Hand führte. Über diesen Gesundheitszustand hatte der Angeklagte seine Patienten jedoch nicht aufklären lassen.
Die Ärztekammer war in ihrer Entscheidung zwar zu dem Entschluss gekommen, dass der Angeklagte aufgrund seiner körperlichen Beeinträchtigung nicht mehr in der Lage gewesen war, Augenoperationen durchzuführen. Das Berufungsgericht entschloss sich allerdings für keinen direkt nachweisbaren Zusammenhang zwischen der motorischen Beeinträchtigung und den Behandlungsfehlern. Die geschädigten Patienten hätten nach Ansicht der Berufskammer nicht wirksam zum Eingriff eingewilligt, da eine Aufklärung über die gesundheitliche Beeinträchtigung des Angeklagten nicht erfolgte. Aufgrund fehlender Einwilligungen war der Angeklagte also gar nicht befugt gewesen, die Operationen durchzuführen. Zugunsten des Angeklagten ging die Berufungskammer davon aus, dass der Angeklagte die Notwendigkeit der Aufklärung über seine Beeinträchtigung fahrlässig verkannte. Die Berufungskammer verurteilte den Angeklagten schlussendlich wegen fahrlässiger Körperverletzung in 9 Fällen zu einer Bewährungsstrafe von 9 Monaten.
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