Parkplatz, Streit um einen Parkplatz

Streit um einen Parkplatz

Fiktiver Sachverhalt:

A will einkaufen gehen und befindet sich bereits mit seinem PKW auf dem Parkplatz eines Supermarktes. Da alle Parkplätze belegt sind, muss A einige Runden drehen, bis er endlich eine freie Parklücke entdeckt. Dort steht allerdings B mit ihrem Einkaufswagen. Demonstrativ bleibt sie dort stehen. Sie möchte die Parkfläche für ihren Mann freihalten. A signalisiert, dass er dort einparken wolle und fordert B mit Handzeichen auf, den Parkplatz freizugeben.

B reagiert erst gar nicht auf diese Forderung. Sie gibt lediglich zu verstehen, dass sie den Parkplatz freihält. A steigt nun aus seinem PKW.

Der Wortwechsel beginnt regelrecht mit lautstarken Beleidigungen wie, dass B „gefälligst ihren müden Hintern von der Straße entfernen soll, was bei ihrem miesen Aussehen ohnehin eine Selbstverständlichkeit sei“. B entgegnet darauf, dass „er kleiner Spaghetti sich mit seiner Popelkarre zum Teufel scheren soll“.

Kurz danach steigt A wieder in seinen PKW und beginnt den Einparkvorgang, indem er B samt Einkaufswagen mit seiner Stoßstange langsam wegschiebt. B weicht dadurch notgedrungen zurück.

I. Strafbarkeit der B wegen versuchter Nötigung (gem. §§240, 22, 23, StGB)

B könnte sich wegen Nötigung strafbar gemacht haben. Eine vollendete Nötigung lag allerdings nicht vor, da B durch As Einparkvorgang „weggeschoben“ wurde. Übrig bliebe aber eine versuchte Nötigung. Dazu müsste B den Tatentschluss gefasst haben, A unter Androhung oder Anwendung von Gewalt zu einem Tun oder Unterlassen (hier das Einfahren in die Parklücke) zu veranlassen.

B hat nach §240 StGB aber keine Gewalt gegen A ausgeübt, da sie lediglich – durch das Stehen mit dem Einkaufswagen auf der Parkfläche – einen psychisch vermittelten Zwang bei A auslöste.

B hat sich somit nicht strafbar gemacht.

II. Strafbarkeit von A und B wegen beidseitiger Beleidigung (gem. §185 StGB)

A hat sich durch seine Äußerung einer Beleidigung nach §185 StGB strafbar gemacht.

Die B hat sich ebenfalls beleidigend geäußert. Da sie aber ihre beleidigenden Äußerungen im Rahmen einer Verteidigung/ Notwehr angebracht hat, (schließlich hatte A begonnen) ist ihr Verhalten gerechtfertigt. Die Folge ist, dass sie sich nicht strafbar gemacht hat.

III. Strafbarkeit von A wegen Nötigung (gem. §240StGB)

Sein Verhalten ist durch Notwehr nicht gerechtfertigt, da das Verhalten der B keine Straftat ist. Darüber hinaus ist aufgrund des groben Missverhältnisses der beteiligten Rechtsgüter (der „Anspruch“ des A auf die Nutzung des Parkraums und dem Recht der B auf körperliche Unversehrtheit), das Verhalten angesichts der konkreten Gefährlichkeit für das Rechtsgut von B verwerflich. A hat sich also wegen Nötigung nach §240 StGB strafbar gemacht.

Gerichtliche Realität

Bei realen Fällen, die vor Gericht verhandelt werden (und nicht zuvor schon von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden sind), stellt sich die rechtliche Situation häufig ganz anders da. Wenn für die beleidigenden Äußerungen keine Zeugen oder andere Beweismittel (z.B. Handyaufnahme etc.) vorhanden sind, wird eine Beleidigung nicht nachweisbar sein.

Bleibt die A mit ihrem Einkaufswagen nicht nur stehen, sondern schiebt sie ihn sogar gegen den PKW des B – oder stemmt sie sich gar mit ihrem Körper gegen den PKW – so kann darin Gewalt i.S.d. §240 StGB gesehen werden, mit der Folge, dass sie sich strafbar gemacht hat (ganz unabhängig von der Tatsache, dass das Freihalten eines Parkplatzes nach der StVO unzulässig ist und mit einem Bußgeld i.h.v. 10,- € geahndet werden kann; §12 Abs. 5 StVO i.v.m. Nr. 61 BKatV).

 

Quelle:

Krahl: der praktische Fall – Strafrecht: Streit um einen Parkplatz (JuS 2003, 1187)

Hinweis: Der Artikel stammt vom 04.12.2020. Durch Zeitablauf kann sich die Rechtslage geändert haben.

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